Nachhaltigkeit im Seglerleben: Meeresschutz, Küstenschutz, Umweltschutz und Inselschutz

Ganz schön viel Schutz. Aber ja: Mir wird das immer wichtiger. Denn was ich da draußen sehe – von Mikroplastik über Artensterben bis zur globalen Erwärmung – gefällt mir nicht.

Also denke ich quasi täglich darüber nach, wie ich nachhaltiger leben kann. Nachhaltigkeit wird jeden Tag etwas konkreter. Nicht nur in meinem Job, sondern auch bei meinem Hobby, dem Segeln.

Nein, ich mache sicher nicht alles richtig. Wie auch. Die Welt macht es einem manchmal wirklich schwer. Doch die Lösung kann ja nicht sein, dass ich mich hinlege und die Augen zu mache – als wäre dann das Problem weg. Einfach so weiter machen wie bisher geht halt nicht. Einen bis drölf Versuche ist die Rettung der Welt schon wert.

Und wo fängt man an, die Welt zu retten? Genau, vor der eigenen Haustür.

Und da eine meiner Haustüren auf Sardinien ist und ich hier regelmäßig segle, sehe ich viele Dinge, die mir gepflegt auf die Klöten gehen. Und dann muss ich halt selbst schauen, wie ich damit umgehe. Der Schutz und Erhalt meines liebsten Segelreviers ist auch meine Aufgabe. Wie auch auf der „trockenen Seite“ der Insel (das wiederum thematisiere ich „drüben“, auf meinem Sardinien-Blog).

Hier und jetzt geht es um Meeres- und Küstenschutz. Los geht’s!

Die Küsten schützen – aber wie?

Sardinien hat bekanntlich über 1.800 Kilometer Küste. Diese zu schützen ist eine Mammutaufgabe und daher sind wir alle gefragt.

Das erste, was wir Segler meiner Meinung nach machen können, ist:

1. Entlaste die Küsten im Nordosten, meide die Hauptsaison und ziehe die gesamte Insel auch in den Randmonaten in Betracht

Alle Küstenabschnitte haben alle ihren Reiz und viele Buchten sind genauso schön wie zum Beispiel die im berühmten Maddalena-Archipel. Einige andere finde ich noch schöner – weil sie wilder und eben nicht überlaufen sind. Charterer und Ausflugsboote gibt es ebenfalls in allen größeren Marinas und an allen Küsten der Insel.

Der gesamte Charterverkehr knubbelt sich aber vorwiegend im Nordosten. Einige Buchten, wie die bei der Insel Santa Maria oder die Cala di Volpe werden immer beliebter – und immer mehr Boote tummeln sich dort.

Nicht zu vergessen: Wir befinden uns in einem Naturschutzgebiet – und das folgende Foto zeigt einen sehr schutzbedürftigen Teil davon. Ist den meisten aber für zwei, drei Monate im Jahr herzlich egal. Wirtschaft und Tourismus geht (offensichtlich) vor. Dass das theoretisch auch im Einklang funktionieren kann, sieht (offensichtlich) niemand.

Das Maddalena-Archipel in der Hauptsaison. Das ist definitiv nicht mehr gesund. (Foto: Francesco Cattuto)

Aber wann genau wird oder wurde aus „viel“ eigentlich „zuviel“? Irgendwann ist das nicht mehr gesund und wird zu einer ökologischen Herausforderung. Ökosysteme können auch kippen, das wissen wir. Und dann ist eh Schluss mit schön Segeln. Lieber vorher bremsen, wo notwendig.

Und sobald sich der Tourismus auch negativ auf die hier lebenden und arbeitenden Menschen negativ auswirkt – wenn nämlich die Einheimischen nicht mehr an ihren angestammten Orten sein und leben mögen ist das nicht in Ordnung. Ist schon an anderen beliebten Orten passiert, weil dort zu viele Touristen sind. Bitte nicht hier.

Also entlaste du in deinem Charterurlaub bewusst die Hauptsaison und die Küsten im Nordosten. Falls du wider Erwarten Schwierigkeiten haben solltest, an ein Charterboot zu kommen, oder etwas weniger Infrastruktur verfügbar scheint – ich helf dir gern.

2. Respektiere das Leben im Meer und beobachte Wildtiere wie Delfine oder Meeresschildkröten aus sicherer Entfernung

Klar wollen wir einen angenehmen, leichten und unvergesslichen Urlaub haben. Noch besser, wenn das nicht auf Kosten der Natur geschieht. Vermeiden wir also Aktivitäten, die den Lebewesen – ob Tier oder Pflanze – schaden oder sie stören können.

Die sardischen Küstengebiete beherbergen vielfältige Ökosysteme mit einer Vielzahl von Pflanzen- und Tierarten – auch viele die wir gar nicht mit bloßem Auge sehen können. Sie sind aber trotzdem da und werden gebraucht. Das Meer ist nämlich auch Futterstation für viele Tierchen und Kinderstube für Meeresorganismen, die sie fressen.

Artenvielfalt auf allen Ebenen der Nahrungskette spielt eine wichtige Rolle für die Biodiversität im Mittelmeer.

Für die Tiergesundheit ist wichtig, die großen Meerestiere nicht zu berühren oder zu füttern. Warte in jedem Fall, bis die Tiere sich dir nähern – und fahre oder schwimme ihnen nicht hinterher.

In den meisten Meeresschutzgebieten ist angeln verboten – verzichte einfach darauf, wenn du dir nicht sicher bist. Sammle auch keine Seeigel – die stehen inselweit unter strengem Schutz.

Auch sollten wir die Schutzgebiete respektieren und zum Beispiel in Zonen mit hohem Schutz nicht ankern, wilde Sau segeln oder laute Musik hören. Anker- und Befahrensverbote sowie Geschwindigkeitsbeschränkungen gibt es in allen Meeresschutzgebieten AMP (Area Marina Protetta).

Mal abgesehen davon, dass es auch teuer werden kann.

3. Bitte nicht in Seegraswiesen ankern – sie gehören zu den empfindlichsten Lebensräumen im Mittelmeer.

Seegras erkennen ist einfach: Anker nur im hellen Türkiswasser und weit von den dunklen Flecken fallen lassen

Darüber, warum Seegras so wichtig ist, habe ich hier einen ganzen Artikel geschrieben.

Seegraswiesen sind wichtig, damit das Mittelmeer atmet und die Wasserqualität so hoch bleibt, wie sie ist. Natürliche Prozesse und menschliche Aktivitäten können auch die Erosion der Küsten beschleunigen – Seegras wirkt dem entgegen. Auch wenn die sardische Küste insgesamt sehr steinig und gut geschützt scheint, wird es im Winterhalbjahr doch oft so wild, dass es zum Verlust von Stränden führt, wenn diese nicht durch Dünenbewuchs, Steine oder eben Seegras geschützt sind.

Und last but not least, sind sie Kohlenstoffsenken und wichtig für das klimatische Gleichgewicht. Darum brauchen wir die Seegraswiesen unbedingt und müssen sie schützen.

4. Entferne keinen Sand, keine Steine und keine Muscheln vom Strand.

Das ist auf Sardinien streng verboten und wird empfindlich bestraft (siehe diesen Artikel auf pecora-nera.eu).

Sehr wichtig auch, falls du das Glück hast, ein Exemplar lebend im Meer zu sehen: Die Pinna Nobilis ist extrem selten und vom Aussterben bedroht – sie darf auf gar keinen Fall aus oder vom Meer entfernt werden! Auch das ein Grund, nicht in Seegrasfeldern zu ankern: Manche von ihnen wachsen sehr gern da.

Leider finden viele die sardischen Strände so schön, dass sie unbedingt irgendwelche Muscheln und Steine mit nach Hause als Deko nehmen müssen.

Apropos Steine: Verzichte am Strand darauf, Steine hübsch zu arrangieren oder zu Steinmännchen zu stapeln. So konzentriert und geordnet helfen sie deutlich weniger gegen Erosion als am Strand. Klingt komisch, ist aber so 😉

Thema Müll und Plastik: Es ist komplex, aber jede/r kann dort etwas tun, wo er/sie ist

Einige Touristen sind an Sardiniens Müllproblem nicht unschuldig – genauso wenig wie einige Vollpfosten-Locals.

Das Thema Müll auf Sardinien ist durchaus komplex zu nennen und die Abfallwirtschaft nicht unbedingt optimal. Das können wir nicht ändern. Was wir aber unbedingt tun können:

1. Vermeide Müll und entsorge unvermeidbaren Abfall nach lokalen Vorschriften

Klingt selbstverständlich – und die meisten Segler entsorgen ihre Abfälle verantwortungsbewusst in den Marinas in den dafür vorgesehenen Behältern.

Wer auf Dauer eher ankert, muss irgendwann anderswo an Land. Frage dann im Ort (z. B. die Touristeninfo oder bei der Gemeinde nach dem nächstgelegenen Ecocentro oder nach der Möglichkeit zur Entsorgung. Einige Küstenorte mit starkem touristischem Verkehr informieren auch auf Aushängen über die lokale Abfallentsorgung.

Kommt man da aus irgendeinem Grund nicht weiter: Ich hab meinen mal in den Tonnen eines Restaurants entsorgen dürfen. Fragen kostet nichts – die Sarden sind ganz oft sehr nett und helfen.

Wie gesagt: Vieles ist nicht optimal. Aber das ist kein Grund, Müll irgendwo abzuladen, wo man gern einen Abfalleimer vorgefunden hätte.

2. Sammle weggeflogenen Abfall wieder ein – mit dem Tüte-über-Bord-Manöver!

Abfall sollten wir, wenn er uns ins Meer fliegt, wenn irgend möglich, wieder einsammeln.

Müll gehört nicht ins Meer, wo ihn Tiere für Nahrung halten können – und ihre „echte“ nicht mehr finden

So lässt sich zum Beispiel das ein oder andere Mensch-über-Bord-Manöver üben – als Tüte-über-Bord-Manöver! Lach nicht! 😉

Warum nicht eine Plastiktüte bergen, die sonst im Magen eines Tieres landen könnte? Das wäre auch ein Notfall. Wie groß solche Notfälle sein können, zeigt mein Artikel über den gestrandeten Pottwal vor Porto Cervo – mit 20 Kilo Plastik im Magen.

3. Verwende umweltfreundliche und biologische Produkte

Segler können auf Verpackungen achten, die keine 100 Jahre brauchen, um sich zu zersetzen. Wir können bewusst umweltfreundliche und biologisch abbaubare Produkte wählen. Wir können auf Sonnenschutz-, Körperpflege- und Putzmittel verzichten, die schädlichen Chemikalien enthalten (Hier Infos vom BUND zum Thema Sonnencremes).

Ich hab grundsätzlich Neutralseife an Bord – das ist schonmal ein geringeres Übel, aber ich nutze es nur am dreckigen Kai im Stadthafen und nie in der Bucht. Und

Und Achtung bei der Angabe „biologisch abbaubar“: Das heißt NICHT, dass es sich in der Sekunde des Wasserkontakts auflöst!

Auch das braucht seine Zeit. Der Prozess, um die Produkte abzubauen, dauert unterschiedlich lang – durchschnittlich bei reinen Öko- und Naturprodukten etwa drei Tage – und in der Zwischenzeit hat die Natur ihre Mühe damit. In empfindlichen Gewässern kann schon wenig Seife den pH-Wert verändern und den Lebensraum und den Lebenszyklus von Millionen Kleinstlebewesen stören.

Spülmittel, WC-Reiniger, Reinigung der Trinkwasserleitungen und -Tanks – für vieles gibt es aber natürliche Alternativen, wie zum Beispiel Zitronensäure für den Schwarzwassertank und das WC, Mikrosilber-Tabletten in den Wassertank, Sprudelwasser hilft bei leichten Zwischendurchreinigungen an Deck …

Ideen gibt es in diesem tollen Internetz wahnsinnig viele!

Insgesamt hilft, sich das Prinzip refuse, reduce, reuse, repurpose und recycle auch im Segelurlaub zu nutze zu machen.

  • Refuse – weigere dich zum Beispiel, unnötige Verpackungen anzunehmen, verweigere in der Werft zu giftige Farben und fordere ökologisch sinnvolle Produkte, wo irgend möglich.
  • Reduce – reduziere das Müll- und Plastikaufkommen an Bord, und auch Lebensmittelverschwendung zum Beispiel durch kluge Lagerhaltung.
  • Reuse – Die Verwendung von wiederverwendbaren Produkten wie Wasserflaschen, Einkaufstaschen und Besteck den Einweg-Plastikmüll erheblich reduzieren. Bei mir haben viele Handtücher, die mit der Zeit zu fleckig geworden sind, ein zweites Leben im Boot.
  • Repurpose – Warum für das Boot nicht was zweckentfremden (wenn es nicht unbedingt sicherheitsrelevant ist)? Leere Wasserflaschen finden bei mir oft eine neue Verwendung – und sei es nur zum Auffangen von Pfannenöl in der Küche.
  • Recycle – Entsorge und recycle den Restmüll nach den lokalen Gegebenheiten.

Inselschutz ist auch Kulturschutz

Zuletzt kann man noch sagen sagen, dass der Schutz der Küsten und ein nachhaltiges, umweltschonendes Verhalten beim Segeln mega wichtig ist.

In Sachen nachhaltiger Tourismus ist aber genauso wichtig, auch das kulturelle Erbe zu bewahren und den wirtschaftlichen Wohlstand der lokalen Gemeinschaften zu sichern.

Darum soll es in diesem Artikel nicht auch noch gehen. Aber wenn du magst, folge mir auch auf meinem Blog www.pecora-nera.eu, auf dem es viel um Natur- und Kulturthemen auf Sardinien geht – damit wir nicht an der Insel vorbei segeln.

Wir Segler können auf jeden Fall viel zum Umwelt- und Inselschutz beitragen.

Küstenschutz ist eine gemeinsame Verantwortung und die Bemühungen jedes einzelnen Menschen, und seien sie noch so klein, tragen zum Erhalt der wundervollen sardischen Küsten bei.

Vielen Dank!

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